Eine innermathematische Extremwertaufgabe sucht extreme Größen bei Funktionen oder Funktionenscharen. So können etwa minimale Abstände oder maximale Flächen zwischen oder unter Funktionen gesucht werden.
Ähnlich der realitätsbezogenen Extremwertaufgabe werden Aufgaben dieser Art mit Hilfe einer Zielfunktion gelöst, betrachten wir dazu das folgende Beispiel:
| Gegeben ist die Gerade \(g(x)=-x+6\). Welche Maße hat ein maximal großes, zu den Koordinatenachsen paralleles Rechteck, dessen unterer linker Eckpunkt der Ursprung ist und dessen oberer rechter Eckpunkt auf der Funktion \(g\) liegt. |
Hier wird ein möglichst großes Rechteck gesucht, das knapp unter die Gerade \(g\) passt (siehe Skizze). Dazu bestimmen wir stellvertretend einmal die Fläche des bereits eingezeichneten Rechtecks.
\(A_{Bsp}=4\cdot2=8\) \(\left(A_{Bsp}=4\cdot{g}(4)\text{ mit }{g}(4)=-4+6=2\right)\) | Mit Hilfe von \(P(4\mid2)\) können wir Breite und Höhe des Rechtecks ablesen, denn der x-Wert entspricht der Breite (\(4cm\) lang) und der y-Wert ist analog die Höhe (\(2cm\) hoch). Die Fläche des bereits eingezeichneten Rechtecks beträgt also \(8FE\). Beachte, dass man den zugehörigen y-Wert auch mit Hilfe von \(g\) hätte berechnen können. Wie immer erhalten wir \(y\), indem wir den x-Wert in die Funktion einsetzen, hier eben \(y=g(4)=-4+6=2\). Insofern hätte man die Fläche des Rechtecks auch durch \(A_{Bsp}=4\cdot{g}(4)\) berechnen können! |
Um nun das größtmögliche Rechteck zu finden, müssen wir eine Funktion aufstellen, die die Flächeninhalte aller Rechtecke bestimmt. Von dieser können wir dann ja wie gewohnt den Hochpunkt ausrechnen und sind fertig!
\(A(x)=x\cdot{f}(x)\)
Diese sogenannte Zielfunktion (die alle Flächen angeben soll) lautet \(A(x)=x\cdot{g}(x)\). Man versteht sie schnell, wenn man sich das Beispiel noch einmal genauer anguckt: Die Breite des Rechtecks ist \(4\), der x-Wert von \(P\), klar. Die Höhe ist \(2\), der y-Wert von \(P\). Dieser berechnet sich durch \((g(4)=-4+6=2)\). An einer beliebigen Stelle \(x\) ist die Höhe also immer \(g(x)\), die zugehörige Fläche beträgt \(x\cdot{g}(x)\) (Betrachte dazu erneut die Skizze, jetzt den anderen Punkt: Das zugehörige Rechteck ist \(x\) Einheiten lang und \(g(x)\) Einheiten hoch).
Genau wie bei den realitätsbezogenen Extremwertaufgaben sind wir mit Finden der Zielfunktion so gut wie fertig, denn wir suchen nun nur noch die (richtige) Extremstelle.
Zielfunktion \(A(x)=x\cdot{g}(x)\) \(\Leftrightarrow{A}(x)=x\cdot(-x+6)\) \(\Leftrightarrow{A}(x)=-x^2+6x\) Extremstelle der ZF \(A'(x)=-2x+6\) \(A''(x)=-2\) Notw. Bed. \(A'(x)=0\Leftrightarrow-2x+6=0\Leftrightarrow{x}=3\) Hinr. Bed. \(A''(3)=-2\lt0\Rightarrow{HP}\text{ bei }x=3\) | Die Extremstellen bestimmen wir natürlich wie üblich, hier erhalten wir einen Hochpunkt bei \(x=3\). |
Wir wissen jetzt, dass das Rechteck mit der Breite 3cm das größtmögliche ist - lediglich die übrigen Größen müssen noch berechnet werden.
y-Wert (Höhe) \(g(3)=-3+6=3\) Fläche des Rechtecks \(A=3\cdot3=9\) \(\left(A(3)=-3^2+6\cdot3=9\right)\) | Den zugehörigen y-Wert ermitteln wir natürlich mit der Geraden, denn wir kennen ja jetzt den x-Wert \(x=3\). Den Flächeninhalt des größten Rechtecks können wir jetzt entweder per Hand bestimmen (wir kennen ja Breite und Höhe) oder wir setzen die gefundene Stelle in die Zielfunktion ein (diese berechnet ja auch die Flächen der Rechtecke). |
Das größte Rechteck unter \(g\) hat also seinen oberen, rechten Eckpunkt in \(P(3\mid3)\) und es ist \(9cm^2\) groß.
➤ Zielfunktion aufstellen
• Die Zielfunktion ist diejenige Funktion, welche alle Flächen/Längen/Volumina angibt, die maximal werden sollen. Um sie aufzustellen, muss man in die zugehörige Formel der Extremalgröße alle benötigten Größen einsetzen.
➤ Extremstelle der Zielfunktion bestimmen
• Hat man die Zielfunktion bestimmt, so ist die gesuchte Stelle immer die richtige Extremstelle der Zielfunktion (HP für maximale und TP für minimale Werte).
➤ restliche Größen berechnen
• Je nach Aufgabe werden noch mehrere zusätzliche Größen gesucht, wie zum Beispiel zugehörige Punkte.
| Gegeben ist die Funktion \(f(x)=-\frac13x^2+8\). Bestimmen sie das größtmögliche Dreieck, das durch die Punkte \(O(0\mid0)\), \(P_1(-x\mid{f}(-x))\) und \(P_2(x\mid{f}(x))\) gegeben ist. |
Bevor wir die Extremwertaufgabe lösen, bestimmen wir wieder exemplarisch die Fläche des eingezeichneten Beispieldreiecks.
\(A=\frac12gh\) \(A_{Bsp}=\frac12\cdot6\cdot5=15FE\) | Hier sollen Dreiecke maximiert werden, die Flächeninhaltsformel für Dreiecke lautet: \(A=\frac12gh\) - was ist bei uns also Grundseite und Höhe? Ein guter Tipp zu allen innermathematischen Extremwertaufgaben besteht darin, Größen im Koordinatensystem stets parallel zu den Achsen anzugeben, dann kann man sie nämlich viel einfacher bestimmen. Wir wählen also die Strecke \(\overline{P_1P_2}\) als Grundseite, damit liegt die Höhe stets auf der y-Achse (Ich will darauf hinaus, dass z.B. die Strecke \(\overline{OP_2}\) eine schlechte Grundseite ist: Wir müssten die Höhe irgendwie basteln - viel zu schwer). Gut, mit \(P(3\mid5)\) ist bei unserem Beispieldreieck \(g=6\) (der doppelte x-Wert von \(P\)) und \(h=5\) (der y-Wert von \(P\)). Die Fläche des Dreiecks beträgt also \(15FE\). |
Okay, dann lösen wir die Extremwertaufgabe strikt nach dem Rezept:
Zielfunktion \(A(x)=\frac12\cdot2x\cdot{f}(x)\) \(\Leftrightarrow{A}(x)=x\cdot(-\frac13x^2+8)\) \(\Leftrightarrow{A}(x)=-\frac13x^3+8x\) Extremstelle der ZF \(A'(x)=-x^2+8\) \(A''(x)=-2x\) Notw. Bed. \(A'(x)=0\Leftrightarrow-x^2+8=0\Leftrightarrow{x}=\pm\sqrt8\) Hinr. Bed. \(A''(\sqrt8)=-2\cdot\sqrt8\lt0\Rightarrow{HP}\text{ bei }x=\sqrt8\) Berechnen der übrigen Größen \(f(\sqrt8)=-\frac13\sqrt8^2+8=\frac{16}{3}\) \(A=\frac12\cdot2\sqrt8\cdot\frac{1}{3}\approx15{,}08FE\) | Wie bereits festgestellt, ist die Grundseite des Dreiecks immer der doppelte x-Wert und die Höhe stets der y-Wert des Punktes \(P\). Für die Zielfunktion - die ja die Flächen aller Dreiecke berechnen soll - ist also \(g=2x\) und \(h=y=f(x)\). Das setzen wir nun in die Flächeninhaltsformel für Dreiecke ein und fassen noch zusammen - fertig ist die Zielfunktion! Mit Finden der Zielfunktion ist die EWA wieder so gut wie gelöst. Wir bestimmen den Hochpunkt, hier bei \(x=\sqrt8\approx2{,}8\), an dieser Stelle ist das Dreieck also maximal groß. Anschließend bestimmen wir noch die Höhe des Dreiecks, sie ist ja der zugehörige y-Wert von \(f\), also \(f(\sqrt8)=\frac{16}{3}\approx5{,}3\). Und jetzt können wir auch die Fläche angeben, sie beträgt etwa \(21{,}3FE\) (beachte, dass die Grundseite ja der doppelte x-Wert ist, hier also \(2\sqrt8\)). |
Zum Abschluss bestimmen wir einmal einen größtmöglichen Abstand - also eine größte Länge (bis hierhin haben wir ja immer Flächen bestimmt).
| Die Funktionen \(f(x)=4x^2e^{-x}+2\) und \(g(x)=e^{-x}+1\) beschreiben im ersten Quadranten das Nord-, bzw. Südufer eines Sees. An welcher Stelle ist die nördliche Ausdehnung des Sees maximal? |
Zum Verständnis bestimmen wir wieder die Länge des eingezeichneten Abstandes.
\(d_{Bsp}=f(2)-g(2)\) \(\Rightarrow{d}_{Bsp}\approx4{,}165-1{,}135\approx3{,}03LE\) | Man sieht schnell, dass man dazu eigentlich nur die jeweiligen y-Werte subtrahieren muss, also \(f(2)-g(2)\) (der Beispielabstand ist ja an der Stelle \(x=2\) eingezeichnet). |
Und? Wie lautet die Zielfunktion?
Zielfunktion \(d(x)=f(x)-g(x)\) \(\Leftrightarrow{d}(x)=4x^2e^{-x}+2-(e^{-x}+1)\) \(\Leftrightarrow{d}(x)=4x^2e^{-x}-e^{-x}+1\) \(\Leftrightarrow{d}(x)=(4x^2-1)e^{-x}+1\) Extremstelle der ZF \({d}'(x)=(-4x^2+8x+1)e^{-x}\) \({d}''(x)=(4x^2-16x+7)e^{-x}\) Notw. Bed. \((-4x^2+8x+1)e^{-x}=0\) \(\Leftrightarrow{x}=1\pm\sqrt{1{,}25}\) \(\Rightarrow{x}\approx-0{,}12\vee{x}\approx2{,}12\) Hinr. Bed. \(d''(2{,}12)\approx-1{,}07\lt0\Rightarrow{HP}\) Berechnen des maximalen Abstandes \(d(2{,}12)\approx3{,}04LE\) | Um alle Abstände anzugeben (Zielfunktion), müssen wir also \(f(x)-g(x)\) rechnen, was wir noch zusammenfassen (Minusklammer auflösen und e-Funktion ausklammern). Wunderbar, die Zielfunktion ist ermittelt, wir können normal weitermachen! Wie immer bestimmen wir nun die Extremstelle der Zielfunktion, wobei wir hier zum Ableiten Prdukt- und Kettenregel benötigen. Jedenfalls erhalten wir die Extremstelle bei \(x\approx2{,}12\), also ist der Abstand hier am größten. Genaugenommen sind wir jetzt bereits fertig, denn laut Aufgabe ist nur die Stelle gesucht, an der die Ausdehnung in nördliche Richtung am größten ist - nicht aber der größte Abstand. Der Vollständigkeit wegen geben wir diesen aber trotzdem an, er beträgt etwa \(3{,}04LE\), ist also knapp größer, als unser Beispielabstand (die tatsächliche Stelle liegt ja auch sehr knapp daneben; außerdem unterscheiden sich die Werte \(3{,}03\) und \(3{,}04\) immerhin um \(40\) Meter, falls \(x\) und \(y\) jeweils in Kilometern aufzufassen sind). |
© Christian Wenning
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