Kapiteleintrag
Der Aufgabentyp "realitätsbezogene Extremwertaufgabe" ist ein Verfahren, um bestimmte Größen bei gegebenen Bedingungen zu maximieren oder minimieren. So kann man bspw. eine möglichst große Fläche (bei gegebenem Umfang) oder etwa eine möglichst kleine Oberfläche (bei gegebenem Volumen) berechnen.
Die Bestimmung der extremen Größen funktioniert stets nach dem gleichen Prinzip - wir werden das an Hand des folgenden Beispiels verstehen.
1. Beispiel

| Goldgräber Norbert Ugget möchte sich einen Claim in Klondike, einer Stadt im amerikanischen Bundesstaat Texas abstecken. Dazu hat er sich beim Duckschen Goldgräbergeschäft ein (völlig überteuertes) 40 Meter langes Seil gekauft. Natürlich möchte sich N. Ugget ein möglichst großes Gebiet abstecken, um möglichst viel Gold abbauen zu können. Der besseren Übersicht wegen dürfen allerdings nur rechteckige Claims abgesteckt werden.
Wie muss N. Ugget die Längen seines rechteckigen Claims wählen, um eine maximale Abbaufläche zu erhalten? |
Hier wird eine möglichst große Fläche gesucht, wobei zum Abstecken (einmal drum herum) lediglich vierzig Meter Seil zur Verfügung stehen. Außerdem soll die Fläche rechteckig sein.
Insgesamt sollen wir also ein Rechteck maximieren, dessen Umfang (vierzig Meter) gegeben ist!
Extremwertaufgaben Lösungsweg
➤ Nebenbedingung aufstellen
• Die Nebenbedingung ist immer das, was gegeben, bzw. das, was konstant ist. Sofern im Text eine relevante Zahl steht (bei uns: 40 Meter), so ist diese Zahl samt zugehöriger Formel die Nebenbedingung. Die Nebenbedingung wird stets nach einer Variablen umgeformt.
➤ Extremalbedingung aufstellen
• Was soll extrem werden? Die Extremalbedingung ist immer das, was extrem (groß oder klein) werden soll, samt zugehöriger Formel.
➤ Zielfunktion ermitteln
• Man erhält die Zielfunktion, indem man seine umgeformte Nebenbedingung in die Extremalbedingung einsetzt. Hier kann man oft zusammenfassen.
1. Beispiel

Nebenbedingung \((U=)\text{ }2a+2b=40\) \(\Leftrightarrow2a=40-2b\) \(\Leftrightarrow{a}=20-b\)
Extremalbedingung \(A=a\cdot{b}\)
Zielfunktion \(A=a\cdot{b}\wedge{a}=20-b\) \(\Rightarrow{A}(b)=(20-b)\cdot{b}\) \(\Leftrightarrow{A}(b)=-b^2+20b\) | Bei uns ist gegeben, dass wir für den Umfang des Rechtecks nur vierzig Meter Seil benutzen dürfen - die Nebenbedingung lautet also \(40=2a+2b\). Das formen wir jetzt z.B. nach \(a\) um.
Da wir die Fläche maximieren sollen, ist die Extremalbedingung die Flächeninhaltsformel von Rechtecken - natürlich \(A=a\cdot{b}\).
Schließlich setzen wir die umgeformte Nebenbedingung in die Extremalbedingung ein und erhalten die Zielfunktion. Wir können vorne nun \(A(b)\) schreiben, denn der Flächeninhalt ist nun ja nurnoch abhängig von \(b\) (daher nennt man sie auch Funktion). Noch zusammenfassen und nach Exponenten sortieren, fertig! |
Unsere Zielfunktion berechnet nun alle möglichen Flächen unseres Claims, und das nur in Abhängigkeit der gewählten Breite. So ist z.B. \(A(0)=-0^2+20\cdot0=0\), denn ein Rechteck ohne Breite hat natürlich keine Fläche. Weiter ist etwa \(A(2)=-2^2+20\cdot2=36\), bei einer Breite von zwei Metern können wir also immerhin schon \(36\text{m}^2\) abstecken.
Allerdings lösen wir die Extremwertaufgabe jetzt nicht weiter durch Einsetzen und Gucken, sondern wir bestimmen die Extremstelle der Zielfunktion.
Lösung der Extremwertaufgabe
Die (richtige) Extremstelle der Zielfunktion ist die Lösung der Extremwertaufgabe.
Extremstelle der Zielfunktion
\(A(b)=-b^2+20b\) \(A'(b)=-2b+20\) \(A''(b)=-2\)
\(A'(b)=0\Leftrightarrow{b}=10\) \(A''(10)=-2\lt0\Rightarrow{HP}\text{ bei }b=10\) | Für die Extremstelle setzen wir die erste Ableitung gleich Null (notwendige Bedingung). Hier ist \(b=10\) eine Lösung und die Überprüfung mittels \(f''\) liefert einen Hochpunkt (wir suchen ja auch eine maximal große Fläche). |
Im Prinzip ist die Extremwertaufgabe nun gelöst, denn wir kennen die Länge des abzusteckenden Claims (zehn Meter), wir müssen aber noch die übrigen Größen bestimmen.
Für die Länge \(a\) setzen wir \(b=10\) in die bereits umgeformte Nebenbedingung ein - hier ist \(a\) ja schon freigestellt. Bei uns ist das \(a=20-b\), also \(b=10\).
Die gesuchte, maximale Fläche könnten wir jetzt entweder per Hand durch \(A=a\cdot{b}\), also \(A=10\cdot10=100\) berechnen, oder mit Hilfe unserer Zielfunktion. Sie gibt ja auch die Flächen des Claims an, so ist \(A(10)=-10^2+20\cdot10=100\).
N. Ugget sollte jedenfalls ein Quadrat der Seitenlänge(n) \(a=b=10\) abstecken! So erhält er eine maximalgroße Fläche von \(100\) Quadratmetern.
Rezept zum Lösen einer Extremwertaufgabe
➤ Stelle die Nebenbedingung auf (was ist gegeben/konstant?) und forme sie nach einer Variablen um.
➤ Bestimme die Extremalbedingung (was soll extrem werden?).
➤ Bestimme die Zielfunktion, indem du die umgeformte Nebenbedingung in die Extremalbedingung einsetzt.
➤ Ermittel nun die richtige Extremstelle der Zielfunktion. "Richtig" bedeutet hauptsächlich, dass du natürlich Hochpunkte bei Maximal- und Tiefpunkte bei Minimalaufgaben finden musst. Es bedeutet aber auch, dass du bei mehreren Extremstellen den höchsten Hochpunkt, bzw. tiefsten Tiefpunkt bestimmen musst.
➤ Berechne anschließend noch die übrigen Größen, indem du die Lösung in die umgeformte Nebenbedingung einsetzt. Den maximalen Wert selbst kannst du entweder mit der zugehörigen Formel bestimmen (da du ja jetzt alle Größen kennst) oder du ermittelst ihn mit der Zielfunktion.
2. Beispiel

| Chemiker Lothar Auge möchte eine ätzende Substanz transportieren und benötigt dazu einen quaderförmigen, geschlossenen Kasten mit quadratischer Grundfläche. Damit die transportierte Substanz nicht ausläuft, muss L. Auge den Kasten mit einer Spezialfarbe anstreichen. Leider besitzt der Chemiker nur noch Farbe für eine Fläche von \(24cm^2\). Die Box muss von innen vollständig gestrichen werden. Natürlich möchte Herr Auge möglichst viel der Substanz transportieren können!
Wie muss Chemiker L. Auge die Seitenlängen wählen, damit er zum einen möglichst viel Inhalt transportieren, und zum anderen den erstellten Kasten vollständig anstreichen kann? Geben Sie zusätlich an, wieviel Substanz transportiert werden kann! |
Okay, halten wir uns strikt an das Rezept:
Lösung
Nebenbedingung \((O=)\text{ }2x^2+4xy=24\) \(\Leftrightarrow{y}=\frac6x-\frac12x\)
Extremalbedingung \(V=x^2\cdot{y}\)
Zielfunktion \(V(x)=x^2\cdot(\frac6x-\frac12x)\) \(\Leftrightarrow{V}(x)=-\frac12x^3+6x\) | 1. Nebenbedingung: Was ist gegeben? Klar, die Farbe für \(24cm^2\). Damit soll die Box von innen angestrichen werden, die Oberfläche der Box muss also \(24cm^2\) betragen. Die Oberfläche besteht aus zwei Quadraten (Boden und Deckel), sowie aus vier Rechtecken (der Mantel), die Formel lautet also: \((O=)\text{ }2x^2+4xy=24\). Diese formen wir direkt nach einer Variablen um.
2. Extremalbedingung: Was soll extrem werden? Das Volumen der Box soll extrem (groß) werden. Die Formel dazu lautet \(V=a\cdot{b}\cdot{c}\), hier also \(V=x^2\cdot{y}\)
3. Zielfunktion: NB in EB Nun wird die umgeformte Nebenbedingung in die Extremalbedingung eingesetzt und wir erhalten die Zielfunktion. Diese ist nurnoch von \(x\) abhängig, wir nennen sie \(V(x)\). Fasse sie unbedingt zusammen, hier durch Ausmultiplizieren: \(x^2\cdot\frac6x=6x\) und \(x^2\cdot(-\frac12x)=-\frac12x^3\) (in der Rechung links wurde direkt nach Exponenten sortiert). |
Nun (ist die Extremwertaufgabe eigentlich gelöst) müssen wir nur noch die Extremstelle finden!
Extremstelle der Zielfunktion
\(V(x)=-\frac12x^3+6x\) \(V'(x)=-\frac32x^2+6\) \(V''(x)=-3x\)
\(V'(x)=0\Leftrightarrow{x}=\pm2\) \(V''(2)=-3\cdot2=-6\lt0\Rightarrow{HP}\)
Bestimmen der restlichen Größen \(x=2\) \(y=\frac6x-\frac12x\) \(y=\frac62-\frac12\cdot2=2\) \(V=x^2\cdot{y}\) \(V=2^2\cdot2=8\) | 4. Extremstelle der Zielfunktion Die Berechnung der Extremstelle an sich sollte klar sein (sonst im zugehörigen Kapitel suchen). Wir erhalten zwei Extremstellenkandidaten, nämlich bei \(x=2\vee{x}=-2\), wobei die \(-2\) natürlich wegfällt (sie macht als Seitenlänge ja keinen Sinn). 5. Berechnen der übrigen Größen Um die andere Kantenlänge (~die Höhe \(y\)) zu bestimmen, setzen wir das erhaltene \(x\) wie immer in die umgeformte Nebenbedingung ein. Mit \(y=2\) können wir auch das Volumen bestimmen, indem wir alles in die Extremalbedingung einsetzen (das ginge natürlich auch mit der Funktion - sie errechnet ja gerade das Volumen in Abhängigkeit von \(x\). So ist \(V(2)=-\frac12\cdot2^3+6\cdot2=8\)). |
Chemiker L. Auge sollte also einen Würfel mit den Kantenlängen \(x=y=2cm\) bauen. Er kann so \(8cm^3\) seiner Substanz transportieren - mehr geht mit \(24cm^2\) Fabe nicht!