Kapiteleintrag
Kopf oder Zahl?
Die Wahrscheinlichkeit bei einem Münzwurf Kopf zu erhalten, ist 50%, klar. Mathematisch schreibt man
\(p(Kopf)=50\%\)
Das stimmt, weil es bei einem Münzwurf insgesamt zwei Ereignisse gibt (Kopf oder Zahl) und das Ereignis "Kopf" dann natürlich in einem von zwei Ereignissen auftritt.
Anders geschrieben ist also \(p=\frac12\) bzw. \(p=0,5\).
Allgemein erhält man die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses, indem man den Bruch \(p=\frac{k}{n}\) bestimmt, wobei \(k\) die Anzahl der "richtigen" Ergebnisse ist (man nennt sie in der Mathematik "günstige Ereignisse") und \(n\) die Gesamtanzahl aller Möglichkeiten.
\(p=\frac{k}{n}=\frac{\text{Anzahl d. günstigen Ergebnisse}}{\text{Gesamtanzahl aller Ergebnisse}}\)
Selbstverständlich gibt es immer weniger günstige als mögliche Ergebnisse - Wahrscheinlichkeiten sind also immer Brüche, bei denen der Zähler kleiner als der Nenner, bzw. der Wert zwischen \(0\) und \(1\) ist.
Wahrscheinlichkeiten sind Brüche zwischen 0 und 1
\(p_1=\frac16\)
\(p_2=\frac{25}{100}\)
\(\color{red}{p_3=\frac{3}{2}}\) | \(p_1\) beschreibt eine Wahrscheinlichkeit, etwa bei einem Würfelwurf eine 6 zu werfen - denn das kommt bei einem von sechs Ereignissen vor.
Auch \(p_2\) beschreibt eine Wahrscheinlichkeit, zum Beispiel dass 25 Prozent aller Leser dieses Kapitel toll finden. "Prozent" bedeutet auf deutsch ja lediglich "pro Hundert" - das Kapitel gefällt also 25 von 100 Lesern. Anders gesagt beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass einem zufälligen Leser dieses Kapitel gefallen hat \(p=\frac{25}{100}\).
\(p_3\) hingegen beschreibt keine Wahrscheinlichkeit. Es ist nicht möglich, dass drei von zwei Ereignissen eintreten können. |
Genau wie Brüche, lassen sich auch Wahrscheinlichkeiten auf drei Arten angeben: Als Bruch, als Prozentwert oder in der Dezimalschreibweise.
Die Wahrscheinlichkeit für Kopf bei einem Münzwurf kann man also als \(p=\frac12\), \(p=0,5\) oder \(p=50\%\) angeben. Wir vereinbaren auf diesen Seiten allerdings, dass wir die Prozentschreibweise nur in Antwortsätzen, aber niemals zum Rechnen benutzen. Das machen wir, da man Wahrscheinlichkeiten häufig multiplizieren muss und das funktioniert am besten mit der Bruch oder Dezimalschreibweise.
Rechnen mit Wahrscheinlichkeiten
\(\frac14\cdot\frac12=\frac18\;\;(=0,125=12,5\%)\)
\(0,25\cdot0,5=0,125\;\;(=12,5\%)\)
\(\color{red}{25\%\cdot50\%=1.250\%}\) | Multiplizieren wir zwei Brüche oder zwei Dezimalzahlen, gibts zuverlässig das Ergebnis.
Machen wir das mit Prozentzahlen kann es Probleme geben: Die 1.250 hinten sind eigentlich "Prozent-Prozent", weshalb wir auch hier das richtige Ergebnis erhielten. Um dieses Problem zu vermeiden, rechnen wir in allen Wahrscheinlichkeitsrechnungen nur mit Brüchen oder Dezimalzahlen. |
Um eine Wahrscheinlichkeit zu einem Zufallsversuch zu berechnen, kann man zuvor die Menge bestimmen, die alle günstigen Ergebnisse und die die Gesamtanzahl aller Ergebnisse angibt. Anschließend läßt sich das \(k\) und das \(n\) durch Zählen der jeweiligen Elemente bestimmen und der Bruch \(p=\frac{k}{n}\) angeben.
Die Menge die alle Möglichkeiten zusammenfasst wird hierbei \(\Omega\) genannt. Die Menge aller günstigen Ereignisse variiert je nach Frage und wird meist einfach mit \(E\) benannt.
Die Ergebnisräme \(\Omega\) und \(E\)
Bestimme die Ergebnisräume, sowie die Wahrscheinlichkeiten folgender Ereignisse bei einem einmaligen Würfelwurf:
\(E_1\) "4 geworfen" \(E_2\) "gerade Zahl geworfen" \(E_3\) "Primzahl geworfen" \(E_4\) "7 geworfen" \(E_5\) "höchstens 6 geworfen"
Lösung: \(\Omega=\{1;2;3;4;5;6\}\Rightarrow{n}=6\)
\(E_1=\{4\}\Rightarrow{k}=1\) \({p(E_1)}=\frac16\)
\(E_2=\{2;4;6\}\Rightarrow{k}=3\) \({p(E_2)}=\frac36=\frac12\)
\(E_3=\{2;3;5\}\Rightarrow{k}=3\) \({p(E_3)}=\frac36=\frac12\)
\(E_4=\{\}\Rightarrow{k}=0\) \({p(E_4)}=\frac06=0\%\)
\(E_5=\{1;2;3;4;5;6\}\Rightarrow{k}=6\) \({p(E_5)}=\frac66=100\%\) | Man kann die Zahlen 1 - 6 würfeln, dies sind also die Elemente von Omega.
Möchte man eine 4 werfen, ist es günstig, eine 4 zu werfen (verblüffend) - in \(E_1\) ist also ein Element, die zugehörige Wahrscheinlichkeit beträgt \(p=\frac16\).
Bei einem Würfel sind nur die Zahlen 2, 4 und 6 gerade - das sind drei günstige Elemente und die Wahrscheinlichkeit beträgt somit \(p=\frac36\).
Die 2, die 3 und die 5 sind prim - die Wahrscheinlichkeit für eine Primzahl ist also auch \(p=\frac36\)
Da die 7 nicht auf dem Würfel ist, hat \(E_4\) kein Element und somit ist \(p=0\). Man nennt \(E_4\) ein "unmögliches Ereignis".
Da auf dem Würfel alle Zahlen höchstens 6 betragen, enthält \(E_5\) alle Ergebnisse und hat somit die Wahrscheinlichkeit \(p=100\%\). Man nennt dies ein "sicheres Ereignis". |
Meist lassen sich solche Grundwahrscheinlichkeiten direkt aus dem Text fast ohne Rechnung angeben (die Stochastik rechnet ja später zum Beispiel in Bäumen oder Vierfeldertafeln mit diesen Wahrscheinlichkeiten weiter). Zum Beispiel sind in einer Kiste 10 Kugeln, von denen 3 gold sind - ohne Omega oder Ergebnisräumen geben wir \(p=\frac3{10}\) als Wahrscheinlichkeit für eine goldene Kugel an. Bei prozentualen Angaben nutzen wir wie oben besprochen die zugehörige Dezimalzahl (32% aller Schüler haben die Hausaufgaben vergessen → \(p=0,32\)).
Es gibt allerdings noch einen Spezialfall bei der Angabe von Wahrscheinlichkeiten, zum Beispiel:
"Das Verhältnis von Mathestudenten zu Mahestudentinnen ist 4:1".
Wie groß ist jetzt die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällige Mathe-Klausur von einem Studenten geschrieben wurde?
Die Antwort wird klar, wenn man sich genauer überlegt, was das Verhältnis 4:1 genau angibt: Es besagt, dass von fünf Mathe-Studierenden im Schnitt 4 männlich und nur eine weiblich ist. Die Wahrscheinlichkeiten betragen also \(p_m=\frac45=80\%\) und \(p_w=\frac15=20\%\).
Allgemein betragen die Wahrscheinlichkeiten bei einem Verhältnis von \(a:b\) also \(p(a)=\frac{a}{a+b}\) und \(p(b)=\frac{b}{a+b}\).
Neben der Wahrscheinlichkeit zu einem Ereignis gibt es immer auch die Gegenwahrscheinlichkeit, also die Frage, wann ein Ereignis nicht eintrifft. Man erhält sie immer durch \(q=1-p\), kann sie aber insbesondere bei Brüchen immer schnell ohne Rechnung angeben.
Die Gegenwahrscheinlichkeit \(q=1-p\)
Die Wahrscheinlichkeit für eine 6 beträgt \(p=\frac16\). Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit für "keine 6"?
Lösung:
\(q=\frac56\;\;=1-\frac16\) | Klar, wenn die 6 in einem von 6 Ereignissen aufkommt, dann kommt sie in 5 von 6 Ereignissen nicht. Berechnen ließe sich das durch \(q=1-\frac16\). |
Zusammenfassung Wahrscheinlichkeiten
- Wahrscheinlichkeiten werden durch Brüche der Form \(p=\frac{k}{n}\) ausgedrückt, wobei \(k\) die Anzahl der günstigen Elemente und \(n\) die Anzahl aller Möglichkeiten angibt.
- Wahrscheinlichkeiten sind stets Werte zwischen 0 und 1, da der Zähler immer kleiner als der Nenner sein muss.
- man kann Wahrscheinlichkeiten als Bruch, als Dezimal- oder als Prozentzahl angeben, wobei man mit der Prozentzahl nie rechnet.
- die Wahrscheinlichkeit \(p=0\) beschreibt ein unmögliches und die Wahrscheinlichkeit \(p=1\) ein sicheres Ereignis.
- man erhält die Gegenwahrscheinlichkeit durch \(q=1-p\).