Betrachten wir die Funktion \(f(x)=\frac{x-1}{x^2-1}\), mit ihrem Definitionsbereich \(D(f)=\mathbb{R}\setminus\{-1;1\}\) - wir dürfen \(x=-1\) und \(x=1\) also nicht einsetzen. Betrachten wir dazu den Graphen:
Betrachten wir die Funktion \(f(x)=\frac{x-1}{x^2-1}\), mit ihrem Definitionsbereich \(D(f)=\mathbb{R}\setminus\{-1;1\}\) - wir dürfen \(x=-1\) und \(x=1\) also nicht einsetzen. Betrachten wir dazu den Graphen:
Wir sehen am Graphen, dass bei \(x=-1\) kein sinnvoller Funktionswert existiert. Und genau das ist erlaubt! Man nennt \(x=1\) dann >stetig behebbare Lücke<, sie darf durch \(P(1\mid0{,}5)\) geschlossen werden. Bei \(x=-1\) können wir die Definitionslücke nicht sinnvoll schließen, dort hat \(f\) eine >Polstelle<. |
Eine Definitionslücke \(x_D\) ist eine stetig behebbare Lücke, falls:
\(l\lim\limits_{x\to{x}_D}\;f(x)=c=\;r\lim\limits_{x\to{x}_D}\;f(x)\)
Eine Definitionslücke \(x_D\) ist Polstelle, falls:
\(l\lim\limits_{x\to{x}_D}\;f(x)=\pm\infty=r\lim\limits_{x\to{x}_D}\;f(x)\)
Um festzustellen, ob eine Definitionslücke Polstelle oder stetig behebbare Lücke ist, betrachtet man die Grenzwerte um diese Lücke: Man nähert sich von links und rechts (\(l\lim\), bzw. \(r\lim\)) und guckt, ob man sich einem Wert nähert oder ob die Grenzwerte gegen \(\pm\infty\) streben.
Von links \(f(0{,}9)=\frac{0{,}9-1}{0{,}9^2-1}=0{,}5263\) \(f(0{,}99)=\frac{0{,}99-1}{0{,}99^2-1}=0{,}5025\) \(\Rightarrow{l}\lim\limits_{x\to{1}}\;f(x)=0{,}5\) Von rechts \(f(1{,}1)=\frac{1{,}1-1}{1{,}1^2-1}=0{,}4761\) \(f(1{,}01)=\frac{1{,}01-1}{1{,}01^2-1}=0{,}4975\) \(\Rightarrow{r}\lim\limits_{x\to{1}}\;f(x)=0{,}5\) | Die Grenzwerte bestimmen wir hier per Hand. Dazu setzen wir einfach Zahlen ein, die immer näher an der betrachteten Stelle sind. Bei dieser Lücke fällt auf, dass die Grenzwerte beide gegen den Wert \(y=0{,}5\) streben, es handelt sich also um eine behebbare Lücke. |
Von links \(f(-1{,}1)=\frac{-1{,}1-1}{(-1{,}1)^2-1}=-10\) \(f(-1{,}01)=\frac{-1{,}01-1}{(-1{,}01)^2-1}=-100\) \(\Rightarrow{l}\lim\limits_{x\to-1}\;f(x)=-\infty\) Von Rechts \(f(-0{,}9)=\frac{-0{,}9-1}{(-0{,}9)^2-1}=10\) \(f(-0{,}99)=\frac{-0{,}99-1}{(-0{,}99)^2-1}=100\) \(\Rightarrow{r}\lim\limits_{x\to{-1}}\;f(x)=\infty\) | Hier sehen wir, dass sich die Grenzwerte nicht einer bestimmten Zahl nähern (sie streben hier sogar gegen \(\pm\infty\)). Es handelt sich bei \(x=-1\) also um eine Polstelle. |
Puh, das ist gar nicht so leicht. Gut, dass es noch ein viel einfacheres Kriterium gibt, um Polstelle und behebbare Lücke unterscheiden zu können.
\(\text{Sei }f(x)=\frac{z(x)}{n(x)}\)
\(\text{eine Definitionslücke }x_D\text{ ist:}\)
\(\text{- behebbare Lücke, falls }z(x_D)=0\wedge{n}(x_D)=0\)
\(\text{- Polstelle sonst; (~nur }n(x_D)=0\))
Eine deutlich leichtere Methode, Polstelle und behebbare Lücke zu unterscheiden, ist ein Vergleich der Definitionslücken (~Nullstellen des Nenners), mit den Nullstellen des Zählers. Ist eine Lücke nämlich zugleich Nullstelle des Zählers und Nenners, so handelt es sich um eine behebbare Lücke, und wenn nicht, so ist es tatsächlich eine Polstelle.
\(f(x)=\frac{x-1}{x^2-1}\) Nullstellen des Zählers \(x-1=0\Leftrightarrow{x}=1\) Nullstellen des Nenners \(x^2-1=0\Leftrightarrow{x}=1\vee{x}=-1\) Polstellen und Lücken \(\Rightarrow{x}=-1\) ist Pol und \(x=1\) ist behebbar | Wir bestimmen erneut die Polstellen unserer bekannten Funktion, hier allerdings nach dem neuen Verfahren. Setzt man den Zähler gleich Null, erhält man die Lösung \(x=1\), beim Nenner erhält man \(x=-1\vee{x}=1\), die Definitionslücken. Nach dem Kriterium ist \(x=1\) behebbar (es ist Nullstelle von Zähler und Nenner) und bei \(x=-1\) eine Polstelle (nur Nullstelle des Nenners). Fertig! |
Das Kriterium nutzt aus, dass behebbare Lücken stets herauskürzbare Polynome zur Folge haben (siehe zu Polynomen: Polynomdivision). Bei uns war \(x=1\) behebbar, das zugehörige Polynom \((x-1)\) ist also kürzbar. Nun kann man Polynome natürlich nur dann kürzen, wenn sie in Zähler und Nenner vorkommen, ergo muss \(x_D\) Nullstelle von Zähler und Nenner sein.
An der gekürzten Funktion kann man dann übrigens wunderbar den gefundenen Punkt \(P(1\mid0{,}5)\) nachvollziehen. Im Prinzip kann man \(x=1\) nämlich doch einsetzen und erhält \(f(1)=0{,}5\).
Man sieht außerdem, dass wir \(x=-1\) wirklich überhaupt nicht einsetzen können - selbst jetzt bei der gekürzten Funktion stünde im Nenner \(-1+1\), also \(0\)).
Kürzen des Polynoms \(f(x)=\frac{x-1}{x^2-1}\) \(\Leftrightarrow{f}(x)=\frac{x-1}{(x-1)(x+1)}\) \(\Leftrightarrow{f}(x)=\frac{1}{x+1}\) Berechnung des y-Wertes \(\Rightarrow\) \(f(1)=\frac{1}{1+1}=0{,}5\) |
Um abschließend zu erkennen, dass die Unterscheidung zwischen Pol und Lücke im wesentlichen keine Probleme bereitet, berechnen wir noch zwei Abschlussbeispiele:
\(f(x)=\frac{x^2+3x}{x^2-9}\) Nullstellen des Zählers \(z(x)=0\Leftrightarrow{x}=0\vee{x}=-3\) Nullstellen des Nenners \(n(x)=0\Leftrightarrow{x}=3\vee{x}=-3\) Polstellen und Lücken \(\Rightarrow{x}=3\) ist Pol und \(x=-3\) behebbar Kürzen des Polynoms \(f(x)=\frac{x^2+3x}{x^2-9}\;\;=\frac{x\cdot(x+3)}{(x-3)(x+3)}\;\;\;\;\;=\frac{x}{x-3}\) | Zähler gleich Null liefert \(x=0\vee{x}=-3\), Nenner gleich Null die Lösungen \(x=3\vee{x}=-3\). Die \(-3\) ist doppelt und somit behebbar und die zweite Definitionslücke bei \(x=3\) ist Polstelle. Am besten kürzt man das zugehörige Polynom noch heraus - so kann man auch den Punkt \(P(-3\mid{f}(-3)=\frac{-3}{-3-3}=\frac12)\) angeben. |
\(f(x)=\frac{-x^3+4x}{x^4-5x^2+4}\) Nullstellen des Zählers \(z(x)=0\Leftrightarrow{x}=0\vee{x}=-2\vee{x}=2\) Nullstellen des Nenners \(n(x)=0\Leftrightarrow{x}=-2\vee{x}=-1\) \(\quad\vee{x}=1\vee{x}=2\) Polstellen und Lücken \(\Rightarrow\) Polstellen: \({x}=-1\wedge{x}=1\) Kürzen des Polynoms \(f(x)=\frac{-x^3+4x}{x^4-5x^2+4}\) \(\quad=\frac{-x\cdot(x+2)(x-2)}{(x+2)(x-1)(x+1)(x+2)}\;\;\;\;\;\;=\frac{-x}{(x+1)(x-1)}\) | Da die Rechnung selbst jedem klar sein dürfte, hier nur der Hinweis, dass es nach dem Kürzen wieder möglich ist die Punkte anzugeben mit denen man die behebbaren Lücken schließen könnte: \(f(2)=\frac{-2}{(2+1)(2-1)}\;\;\;\;=-\frac23\rightarrow{P}_1(2\mid-\frac23)\) \(f(-2)=\frac{-(-2)}{(-2+1)(-2-1)}\;\;\;\;=\frac23\rightarrow{P}_2(-2\mid\frac23)\) |
➤ Nur Definitionslücken können Polstellen sein.
➤ Definitionslücken, die nicht gleichzeitig Nullstelle des Zählers sind, sind Polstellen.
➤ Läßt sich das zur Definitionslücke gehörige Polynom vollständig aus der Funktion kürzen, so handelt es sich um eine behebbare Lücke (dazu muss die Definitionslücke gleichzeitig Nullstelle des Zählers sein).
© Christian Wenning
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